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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kevin



Silvia
25.10.2006, 12:28
Das ist die Geschichte von einem kleinen, italienischen Straßenkater:

Ich gab bei unseren Nachbarn gegenüber, einem jungen türkischen Ehepaar, ein Postpaket ab, da fegte zwischen dem kleinen Spalt - kaum daß "ES" durchpaßte, ein wildes, graues, verzipfeltes Etwas - mit Karacho in unsere Wohnung! Die Dosi und ich hinterher! Das Ding sauste auf meinen Rocky zu, der wie erstarrt stehn blieb. Das Teilchen schmiß sich vor bzw. unter seine Pfoten und quiekte! Rocky schnupperte das Ding mal gaaaanz vorsichtig ab, die Nachbarin erzählte, daß sie den kleinen Kater von einer lieben Katzendame bekommen hätten, die würde in ganz Bayern Katzen vermitteln, die sie aus Italien aufsammelt, aufpäppelt und an nette Eltern weitergeben würde. Der Kleine hieß Kevin und man kann sich denken - Nomen est Omen!
Nun, der Kleine hat sich Rocky als Mama ausgesucht und mein Kater gab echt sein Bestes! Kevin wartete schon an der Tür, bis ich von der Arbeit kam und schimpfte, ich mußte ihn gleich mit zu uns rübernehmen, wo "Mama" und Kind das volle Program abgaben: schmusen, toben - wobei Kevin da entschieden den Mehraneil hatte!- die Schüsseln wurden geteil, er zog Rocky sogar das Fleisch aus dem Maul. Das Teilchen war viel öfters bei uns als daheim, war ja daheim soooo langweilig!
Rocky mußte in der Folgezeit als Punchingball gute Dienste leisten, wenn sich nichts rührte, dann half Kevin dem sehr schnell ab! Im ganzen Leben hab ich nie mehr so viele Blumenvasen und Töpfe nachkaufen müssen! Er stellte Dinge an, auf die noch keine ander Katze gekommen war: Kartoffelschalen lagen in der ganzen Wohnung, als ich eine Gabel Salat essen wollte flog diese plötzlich durch die Luft, der Kleine mit Freude hinterher. In der Früh kam ich in die Küche, es lag ein klatschnasser Pulli mittendrin, den hatte er in Schwerstarbeit in der Nacht aus dem Bad gezerrt, das Teil war mehrfach schwerer als der Kater!
Er kam öfters mal mit T-shirt an, Haarbänder wie ein Clown um den Hals -das machte er alles mit! er liebte dicke Gummibänder, die schleppte er wie Mäuse stolz herum. Irgendwann, wir saßen beim Capucchino im Wohnzimmer, ein Geschepper - nix wie in die Küche - hatte er doch versucht, den Milchaufschäumgummi aus der Maschine zu ziehen und dabei fast die schwere Maschine runtergezerrt! Mußte ich mehrere nachkaufen, der Italiener, der sie verkaufte, war fassungslos, ich kaufte die Teile gleich im Dutzend!
Es kam leider, wie es kommen mußte, seine Eltern bekamen menschlichen Nachwuchs und zogen aus, drei Tage später war Kevin aber bei uns, da das Baby angeblich allergisch gegen Katzenhaare war!
Leider ist mein Rocky schon ein älterer Herr und so gerne ich Kevin behalten hätte, er war einfach zu viel für ihn. Mein Kater hatte schon einen kahlen Fleck zwischen Schwanz und Popo, so haben die beiden gerauft und da Rocky Mama war, hat er ihn nie ernstlich gehaun, Kevin nutzte das hält schamlos aus. Der einzige Ruheplatz für Rocky war auf dem hohen Wohnzimmerschrank, Kevin hat nie herausgefunden, daß man erst auf die Stereoanlage springen mußte und dann erst hoch - ich hab es ihm auch nie gezeigt.
Nach einem halben Jahr hatte ich aber ein sehr liebes, kinderloses Ehepaar gefunden, sie kamen zum "anschaun". Ich hatte ihnen nichts vorgemacht und gesagt, was er für ein Teufel war. Ich wußte aber auch, mit seinem italienischen Charme hatte er noch jeden um die Pfote gewickelt und genauso war es in diesem Fall! Die Dame wollte ihn gleich mitnehmen, wir warteten noch bis zum Wochenende und ich brachte ihn zu den neuen Eltern. Sonntagabends rief ich sehr vorsichtig an und fragte, ob ich ihn wieder abholen müsse. Sein Herrle sagte, er sei in seinem ganzen Leben noch nie so verkratzt worden, aber natürlich behielten sie ihn! So traurig ich war, so fiel mir auch ein Stein vom Herzen, denn Rocky war schon sehr ins Hintertreffen geraten!
Kevin`s Herrle ist sein ein und alles und er wird gnadenlos verwöhnt, er liebet Weihenstephaner Naturjoghurt mit einer Prise Traubenzucker, den teilen sich die beiden immer am Tisch miteinander. Der Kater war noch keinen Tag in seinem Leben krank. Seine Eltern und ich sind seither gut befreundet.
Kevin kommt im Urlaub, Umzug und so weiter immer zu uns zu Besuch und Rocky und er sind beste Kumpels, die sich mit Nasenstübern (bei Kater gibt es ja keine Küsse!) begrüßen. Ich kauf dann immer sehr viel mehr Rinderrouladen, die sie beide lieben, wenn sie in feine Streifen geschnitten werden! Tanten dürfen ja verwöhnen, gell?!
Aus einem wilden Straßenkaterchen ist ein interessierter, bildschöner und verschmuster Prachtkater geworden, den wir alle lieben.

Es ist ein Glück, daß es Menschen gibt, die sich um arme Tier kümmern, die sie wie Maria aus dem Elend holen und ihnen eine gute Zukunft ermöglichen. Für uns werden sie das Sahnehäubchen auf unserem Leben.